Markt Ratzeburg,
17. April
2013 |
Sonderausstellung zu Ernst Barlachs 75. Todestag
Jahreshauptversammlung: Förderverein Ernst Barlach-Museum
Ratzeburg (te). Am 24. Oktober 2013 jährt sich der Todestag
des Bildhauers. Schriftstellers und Zeichners Ernst Barlach
(1870-1938) zum 75. Mal. An diesem Tag will die Ernst
Barlach-Museumsgesellschaft eine Sonderausstellung im
Ratzeburger Barlach-Museum eröffnen. "Interventionen" soll
die neue Ausstellung heißen. Das berichtete Pfarrer Felix
Evers, Vorsitzender des Fördervereins Ernst Barlach-Museum
"Altes Vaterhaus" in Ratzeburg, auf der
Jahreshauptversammlung der Barlachfreunde in Wittlers Hotel.
Für das Ratzeburger Barlach-Museum sei eine verkleinerte
Version jener großen Schau geplant, die im vergangenen Jahr
in Münster viel Anklang gefunden habe, fasste Evers
zusammen. Nach heutiger Planung startet die Ausstellung am
24. Oktober mit einem Erötlnungsvortrag in der St.
Petri-Kirche. Am 26. Oktober soll ein Festtag folgen mit
einem weiteren Vortrag in der Stadtkirche, einem
Ausstellungsbesuch im Barlach-Museum, gemeinsamem
Mittagessen in der katholischen Kirche St. Answer sowie
einer Andacht am Grab Barlachs auf dem Friedhof an der
Seedorfer Straße. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident
Torsten Albig habe sein Kommen für diesen Tag bereits
zugesagt, berichtete Evers. Der Förderverein will die
Ausstellung mit rund 2.000 Euro - unter anderem für Werbung
und Einladungen - unterstützen.
Weitere Mittel möchten die Vereinsmitglieder verwenden, um
Barlach künftig dauerhaft in der St. Petri-Kirche vertreten
zu wissen. Sie beschlossen, die Barlach-Plastik "Der
lehrende Christus" als Steinguss zu erwerben, da die Kosten
für ein Original zu hoch seien. Rücklagen sollen dieses
Vorhaben zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation 2017
ermöglichen. Zu den weiteren Plänen gehört ein Flyer zum
Thema "Barlach und Ratzeburg". Und auch die für 2014 in
Ratzeburg geplante Ausstellung "50 Jahre Hundejahre" in
Kooperation mit dem Günter Grass-Haus möchte der
Förderverein finanziell unterstützen.
Mausklick ins Bild
vergrößert die Darstellung!
Einstimmig wurden die Vorstandsmitglieder bei eigener
Enthaltung in ihren Ämtern bestätigt: Felix Evers (1.
Vorsitzender), Gudrun Pflocksch (stellvertretende
Vorsitzende), Armin Bubel (Schatzmeister), Gisela Zarp
(Schriftführerin) sowie Marie-Anne Haker-Witte, Ernst Günter
Burmester, Klaus-Jürgen Mohr und Friedrich-Karl Zechlin.
- Die Ratzeburger Barlachfreunde sind im Internet zu finden
unter www.barlachförderverein.de.
Text und Foto: Andrea Teckenburg M. A.
Markt für Ratzeburg
Lübecker Nachrichten
24. Oktober
2013 |
Barlachs Botschaften
Vor 75 Jahren starb der Künstler -
Ausstellung in Ratzeburg zeigt den
Bildhauer, Zeichner und Dramatiker.
Von Liliane Jolitz
Ratzeburg - Der „Singende Mann" sitzt wie zur
Begrüßung am Anfang der Ausstellung. Ein alter Bekannter
für die meisten Besucher und Besucherinnen. Die Schau
„Ernst Barlach - Interventionen" ermöglicht eine
Begegnung mit Werken des Künstlers, die man kennt und
wiedererkennt. Ihr Anliegen jedoch ist ein anderes. Die
Ausstellung, die aus Anlass des 75. Todestages im
Ernst-Barlach-Museum in Ratzeburg gezeigt wird, will
vermitteln, dass Barlach nicht nur Bildhauer war,
sondern auch Zeichner, Graphiker und Dramatiker.
Ernst Barlach, geboren am 2. Januar 1870 in Wedel,
gestorben am 24. Oktober 1938 in Rostock, war ein
norddeutscher Künstler. In dem Haus in Ratzeburg, das
heute Museum ist und seinen Namen trägt, hat er einen
Teil seiner Kindheit verbracht. Er hinterließ ein Werk
von mehreren hundert Plastiken, Graphiken, Zeichnungen
und Skizzen. Außerdem schrieb er Romane und
Theaterstücke.
Für Barlach war Kunst „eine Sache allertiefster
Menschlichkeit". Er widmete sich Bettlern und Bauern,
dem leidenden Menschen, Tod und Teufel - und Gott, der
für ihn kein christlicher war, sondern der Sinngeber.
„Interventionen", der Titel der Ausstellung, soll das
Werk des Künstlers und seine Absichten charakterisieren:
mitzubauen an einer besseren Welt.
„Er hat sich gegen gesellschaftliche Missstände, gegen
einen hemmungslosen Materialismus und gegen Kälte in den
zwischenmenschlichen Beziehungen aufgelehnt" sagt Jürgen
Doppelstein, Vorsitzender der Ernst-Barlach-Gesellschaft
Hamburg. Die 1946 gegründete Gesellschaft betreut
und erforscht das künstlerische und literarische Erbe
Barlachs. Sie ist zudem Hausherrin der
Ernst-Barlach-Museen in Ratzeburg und in Wedel.
Werden die Botschaften Barlachs heute noch verstanden?
Dass Erläuterungen notwendig seien, werde bei Führungen
für Schulklassen immer wieder deutlich, sagt
Doppelstein. „Die Fragen, die Barlach beschäftigt haben,
werden aber immer verstanden."
Fotos: Dr. Horst Otto Müller
Ein Mausklick ins Bild
vergrößert die Darstellung!
|
|
Hatte ich
eigentlich
Talent? Mein erster
Zeichenlehrer in
Hamburg riet mir beim
Blick auf mein
Zeichenbrett, nur gleich
meine Mühe
einzustellen, ich würde
niemals was rechtes
zustande bringen." |
So sah er
sich selbst: Die Zeichnung „Selbstbildnis"
(1928).
|
|
Ernst
Barlach |
Fast in Vergessenheit
geraten ist das dramatische Werk Barlachs. Die
Ausstellung will es wieder in Erinnerung rufen. Besucher
werden unter anderem mit dem Drama „Der tote Tag"
bekanntgemacht. Das Stück handelt von den
Emanzipationsbestrebungen eines jungen Mannes, vom
Versuch, sich aus der
Umklammerung der Mutter zu lösen. In einer Vitrine sind
Szenenfotos zu sehen oder auch ein Heft, das darauf
hindeutet, dass das Stück einst im Theater „Der
Morgenstern" in Grömitz aufgeführt wurde. Literatur hat
es normalerweise nicht leicht, in einer Ausstellung
vermittelt zu werden. Barlach selbst hat jedoch dafür
gesorgt, dass es - auch ohne Theater - etwas zu sehen
gibt, indem er Illustrationen schuf. 40 Lithographien zu
„Der tote Tag" werden in Ratzeburg gezeigt. Die in
Schwarzweiß gehaltenen Blätter zeigen eine düstere
Lebenswelt des Sohnes, der sich mit Hilfe höchst
lebendiger Geister zu befreien sucht.
Kontraste im Werk Barlachs zu zeigen ist ebenfalls ein
Anliegen der Ausstellung. Hier geht es nicht
ausschließlich um Qualen und Düsternis oder
Kontemplation. Barlach hat beispielsweise auch
Goethe-Gedichte illustriert, den „Zauberlehrling" etwa.
So gibt es auch Heiteres, Ironisches, Karikierendes zu
entdecken.
Tröstendes von einem Mann, der von den Nazis verfemt
wurde und der ab 1937 Ausstellungsverbot hatte. Seiner
Biografie ist in der Ausstellung ein Extraraum gewidmet.
Und an vielen Stellen der Schau sind seine Gedanken
präsent, etwa dieser: „Das dunkle Tal, der Aufblick aus
der Verzweiflung zum fernen Stern ist so voll innern
Trostes, man darf nicht wünschen, dass irgend jemand,
der innerer Erlebnisse fähig ist, dies erspart würde."
Zwei
Fotografien von Dr. Friedemann Roeßler
zur optischen Ergänzung der Festveranstaltungen.
Aufnahmen vom 26.
Oktober 2013.
Vor der Stadtkirche St. Petri und
der "Singende Klosterschüler" auf dem Grab.
Ein Mausklick ins Bild
vergrößert die Darstellung!
Markt Ratzeburg,
4. Dezember
2013 |
Beeindruckend, ihm zuzuhören
Günter Grass las erneut zugunsten des
Fördervereins Ernst Barlach-Museum
Ratzeburg (te). Am Günter Grass ist in Ratzeburg ein
gern gesehener Gast. Das zumindest lassen die rund 400
Besucher vermuten, die mit reichlich Beifall den
Literatur-Nobelpreisträger in der St. Petri-Kirche
begrüßten. Der bekannte Schriftsteller kam erneut nach
Ratzeburg, um aus einem seiner Werke zu lesen. Dieses
Mal hatte er seinen Roman „Hundejahre“ mitgebracht. Mit
einer alljährlichen Lesung unterstützt Grass den
Förderverein Ernst Barlach-Museum „Altes Vaterhaus“
Ratzeburg seit mehr als zehn Jahren.
„Wir fühlen uns sehr geehrt“, sagte Pastor Martin
Behrens von der St. Petri- Kirchengemeinde zur
Begrüßung. „Wir sind sehr gespannt auf das, was Sie uns
vorlesen werden und uns vielleicht zwischen den Zeilen
sagen.“ In gut 45 Minuten las Grass eine Passage aus der
Mitte der „Hundejahre“. Das 1963 erschienene Buch ist
der dritte Band der „Danziger Trilogie“, zu der außerdem
die Romane „Die Blechtrommel“ (1960) und „Katz und Maus“
(1961) gehören. Das Werk ist eingebunden in die
Geschichte des 20. Jahrhunderts vom Ende des Ersten
Weltkrieges über die Zeit des Nationalsozialismus bis
hin zur Nachkriegszeit. Grass nahm seine Zuhörer in
Ratzeburg mit nach Danzig in die Zeit des Zweiten
Weltkrieges. Sie hörten von dem Mädchen Tulla und ihrem
Cousin Harry. Als Luftwaffenhelfer ist dieser in seiner
Einheit meistens damit beschäftigt, in den Unterkünften
Ratten zu jagen. Die Tiere sind jedoch nicht
verantwortlich für den Gestank in der Umgebung der
Batterie Kaisershafen. Denn der Geruch kommtvon einem
Berg von Knochen, der hinter dem Zaun einer Fabrik
liegt. Um eine Wette zu gewinnen und zu beweisen, dass
die Knochen von Menschen stammen, holt Tulla einen
Schädel vom Knochenberg. Gebannt lauschten die Besucher
und ließen sich einfangen von der Vortragskunst des
86-Jährigen, dem es wieder vortrefflich gelang, sein
geschriebenes Wort im Kopf der Zuhörer in Bilder zu
verwandeln.
„Die 'Hundejahre' gehören zu den Büchern, die mir
nachhängen“, erklärte Grass. So habe er vor zweieinhalb
Jahren begonnen, Gedanken zu realisieren, die ihn nicht
mehr losgelassen hätten. Es entstand eine Reihe von
Radierungen und Anfang Oktober erschien die illustrierte
Jubiläumsausgabe der „Hundejahre“.Überhundert dieser
Radierungen und anderes mehr zeigt zurzeit das Günter
Grass-Haus in Lübeck. Die Ausstellung „50 Hundejahre.
Künstlerroman, Ammenmärchen, Heimatfibel“ werde 2014
nach Lübeck zunächst in Danzig und anschließend in
Ratzeburg zu sehen sein, sagte Pfarrer Felix Evers,
Vorsitzender des Fördervereins Ernst Barlach-Museum, und
gerichtet an Günter Grass, dem Gast aus dem nahen
Behlendorf: „Danke für das Geschenk, dass Sie bei uns
sind“.
Lang war wie gewohnt die Reihe der Besucher, die sich
ein Buch vom Autor signieren ließen. Zur Lesung waren
auch zahlreiche Schüler gekommen. Schließlich wird die
Grass-Novelle „Im Krebsgang“ 2014 zu den Abiturthemen im
Fach Deutsch gehören. Und auch aus den Reihen der jungen
Leute gab es viel Lob für den Schriftsteller. „Es ist
beeindruckend, ihm zuzuhören.Sehr fesselnd“, sagte der
17-jährige Finn von der Lauenburgischen Gelehrtenschule.
Dem schloss sich LG-Schüler Torben (18) an, auch wenn er
dem Text teilweise etwas schwer habe folgen können, da
er das Werk zuvor nicht gekannt hätte.
Und Silvio (18), ebenfalls von der LG, freute sich:
„Sehr aufschlussreich. Und wann hat man schon mal
Gelegenheit, einen Literatur-Nobelpreisträgerzutreffen.“
|